Am Kap der gewalttätigen Winde
Da wir heute kein Zelt abbauen mussten, hatten wir Zeit genug, nach dem Aufwachen zum Strand zu schlendern und der Sonne beim Aufgehen zuzusehen. In der Nacht hatte der Wind deutlich aufgefrischt, so dass ich durch die eine oder andere Böe, die an meinem Zelt zerrte, aufgewacht war. Und das will etwas heißen. Der Morgenstimmung verlieh der Wind jedenfalls durch die Wellen und die zerfetzten Wolken eine dramatische Note ...

Argelés-sur-Mer
So ganz ohne Motorrad fahren sollte dieser Tag aber auch nicht verstreichen. Wir machten uns also auf den Weg zum
Cap de Creus, dem östlichsten Punkt des spanischen Festlandes, immer an der Küste entlang nach Süden durch Banyuls-sur-Mer, das für den gleichnamigen roten Süßwein bekannt ist. In Cerbère, dem letzten Ort vor der spanischen Grenze (am Col dels Belitres) lud eine nette Bar am Hafen mit Biker-Parkplätzen zum Frühstück ein. Die obligatorischen Croissants dazu besorgten wir, wie immer, in der Boulangerie um die Ecke.
Der Wind, der in der Nacht aufgekommen war, blies mit unverminderter Stärke vom Meer her und machte das Fahren auf der Küstenstraße zu einer anstrengenden und wackeligen Angelegenheit. Dass das hier wohl keine Seltenheit ist, belegten die zahlreichen Schilder, die vor "Vents vilolents" (wörtlich: gewalttätigen Winden) warnten. Als wir die Motorräder auf dem Parkplatz am Leuchtturm Far del Cap de Creus abstellten, fürchtete ich, der Wind könne meine V-Strom vom Seitenständer blasen ...

Cap de Creus
Durch den heftigen Wind bedingt, bekam Axel Probleme mit seinen Kontaktlinsen, so dass er nicht lange dort verweilen konnte und vor mir den Rückweg antrat. Wir trafen uns ein paar Kilometer landeinwärts in
Cadaqués wieder, wo es etwas windgeschützter war und setzten den Weg zurück nach Argelés-sur-Mer gemeinsam fort.

Cadaqués
Den Nachmittag verbrachten wir am Strand mit Schwimmen, Gammeln, Lesen und den Wellen zuschauen um uns von den Anstrengungen unseres stürmischen Ausflugs zu erholen und am Abend speisten wir in einer kleinen Taverne unweit des Campingplatzes, die köstliche Meeresfrüchte auf der Speisekarte feilbot.
GPX-Track - Tag 17
Boxenstopp
Wie wir im Internet recherchiert hatten, öffnete die
Werkstatt in Perpignan um 9:00 Uhr. Und wie dort ebenfalls zu lesen stand, war sie neben KTM auch Vertragswerkstatt für Honda, Ducati und Suzuki. Das traf sich gut, denn so konnte ich auf Ersatz für die Birne meines Abblendlichts hoffen, die vor ein paar Tagen den Geist aufgegeben hatte - schon die zweite nach nicht mal 30 tkm.
Um trotz des morgendlichen Berufsverkehrs in die Großstadt pünktlich dort zu sein, standen wir um 8:00 Uhr fertig gepackt an der Rezeption - vor verschlossenen Türen. Dieses eine Mal hatten wir unseren Aufenthalt nicht direkt beim Check-In bezahlt und die Öffnungszeit der Rezeption begann um 8:30 Uhr - selbst schuld! Um nicht allzu viel Zeit zu verlieren, beschlossen wir kurzerhand, das ich mich hier um die Bezahlung kümmerte, während Axel bereits nach Perpignan aufbrach.
Zur sinnvollen Überbrückung der Wartezeit suchte ich mir erst mal einen Kaffee und zwei Croissants. Natürlich öffnete die Rezeption an diesem Morgen erst mit zehn weiteren Minuten Verspätung - dafür waren die Formalitäten aber rasch erledigt und ich traf kurz nach neun an der Werkstatt ein, wo sich die Mechaniker bereits mit Axels KTM befassten. Kurze Zeit später hatte auch ich mein Problem vorgetragen und mir wurde rasche Hilfe zugesagt. Und tatsächlich: um etwa 10:15 Uhr waren wir schon wieder auf Achse; Axel mit einem frischen Vorderreifen und ich mit einem funktionierenden Abblendlicht - die Werkstatt kann ich nur empfehlen!
Da wir uns den Weg durchs Zentrum von Perpignan ersparen wollten, schlugen wir einen großen Bogen westlich um die Stadt herum, fuhren auf kleinen Straßen durch die Weinbauregion Corbières und schlüpften mit eingen Kilometern Abstand parallel zur Küstenline zwischen Narbonne und Carcassonne hindurch. Weiter dann durch den Naturpark Haute-Langudoc, den wir bereits auf der Anreise durchquert hatten. Kurz hinter Saint-Maurice-Navacelles stoppten wir kurz auf einem geschotterten Parkplatz links der Straße, um den Ausblick in den
Cirque de San Peyle zu genießen, den das Flüsschen La Vis hier ins Kalkgestein gefressen hat. Der selbe Fluss zeichnet auch für den nur wenige Kilometer entfernten und wesentlich bekannteren Cirque de Navacelles verantwortlich.

Cirque de San Peyle
Gegen 17:30 Uhr erreichten wir
Anduze und fuhren dort am Campingplatz Le Bel Été vor, nur um erneut vor verschlossenen Türen zu stehen. Entgegen eigenem Bekunden hatte man hier offenbar schon für die Saison geschlossen. Der laut Navi nächstgelegene Platz hieß Camping "Bellevue" - das klang ja schon mal vielversprechend. Wie sich schnell zeigte, handelte es sich dabei um eine Art Camping auf dem Bauernhof. Von Rezeption keine Spur war auch das Gebäude, in dem wohl der Eigentümer wohnte, verschlossen. Eine etwas exaltierte ältere Dame, offensichtlich selbst Gast auf dem Platz, nahm sich unserer an und zeigte uns, wo wir uns niederlassen konnten. Da wir keine Lust hatten, weiter zu suchen, schlugen wir hier unsere Zelte auf. Die sanitären Einrichtungen (wenn man das so nennen möchte) rangierten auf der Bewertungsskala weit hinter unserem bisherigen Schlusslicht - aber immerhin schaffte es der Duschkopf, warmes Wasser abzusondern, wenn auch in alle Himmelsrichtungen.
Da natürlich auch jegliche gastronomische Infrastruktur am Platz fehlte, machten wir uns zu Fuß auf den drei Kilometer langen Weg ins Ortszentrum, wo wir ein hübsches und sehr eigenwillig eingerichtetes Restaurant gegenüber Kirche und Rathaus fanden, das uns erstklassig bewirtete.
GPX-Track - Tag 18
To be continued ...